Über den Audiowalk

Der zweisprachige Audiowalk (Polnisch und Deutsch) macht die Geschichte des Lagers für sogenannte Displaced Persons in Haltern am See (1945–1948), eines der größten in Westfalen, hör- und sichtbar.

An 14 Stationen mit insgesamt 16 Kapiteln führt der Rundgang durch den Stadtteil Haltern- West, der nach Kriegsende zeitweise für die Unterbringung von Displaced Persons geräumt wurde. Die Reihenfolge der Stationen ist als Empfehlung zu verstehen, sie kann auch frei gewählt werden. Neben historischen Informationen werden auch Stimmen Halteraner Zeitzeug:innen und ehemaliger Displaced Persons in einem Brief sowie in Auszügen aus einer Novelle überliefert.
An zwei Stationen werden zudem Hintergrundinformationen vermittelt: zur Zwangsarbeit in Haltern am See und zur besonderen Situation der polnischen Displaced Persons.

Darüber hinaus enthält das Heft ein Glossar zu wichtigen Begrifflichkeiten und zeigt Abbildungen, die die Tour anschaulich ergänzen.

Der Rundgang umfasst rund 3,2 Kilometer und dauert etwa anderthalb bis zwei Stunden.

Lager für Displaced Persons in Haltern am See

Stationen des Audiowalks

Weitere Stationen

  • Friseur
  • Kindergarten
  • Herrenschneider
  • Schuster
  • Damenschneider
  • Geschäft
  • Krankenstation
  • Krankenstation (Ambulanz)
  • Krankenstation
  • Freizeitraum
  • Amerikanische Kommandantur
  • Zeitweise Teil der Krankenstation
  • Eingang zum Lager
  • Polnisches Büro
  • Küche und Lager
  • UNRRA Gästehaus
  • Eingang zum Lager
  • Speisesaal UNRRA
  • Garagen
  • UNRRA Büro
  • UNRRA Büro
  • Tischlerwerkstatt
  • Polnisches Gästehaus
  • Internationales Haus
  • Lagerpolizei
  • Eingang zum Lager
  • Ehemaliger Sportplatz
  • Friseur
  • Kindergarten
  • Küche und Lager
  • Erste Hilfe Station
  • Wachhaus
  • Polnisches Büro
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Glossar zum Audiowalk

Arbeitserziehungslager

Arbeitserziehungslager wurden ab 1940 von der Gestapo eingerichtet. Sie dienten als Straflager für ausländische Zwangsarbeiter:innen sowie für Deutsche, die wegen angeblicher Verstöße gegen die Arbeitsdisziplin bestraft wurden. Die Inhaftierungen erfolgten oft ohne rechtliche Grundlage und hatten in erster Linie die Funktion, Angst einzuflößen und Gehorsam zu erzwingen. Insgesamt existierten im Deutschen Reich rund 200 dieser Lager.

Displaced Persons

Die Bezeichnung Displaced Persons wurde von den westlichen Alliierten eingeführt. Nach Kriegsende hielten sich allein in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands rund 6,5 Millionen dieser Menschen auf. Dazu gehörten vor allem ehemalige Zwangsarbeiter:innen, befreite Häftlinge aus Konzentrationslagern sowie Kriegsgefangene. Ein großer Teil von ihnen kehrte in den folgenden Jahren in die Herkunftsländer zurück oder wanderte in andere Staaten aus.

Entschädigungszahlungen

Die Stiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« stellte aus einem Gesamtfonds von etwa 4,6 Milliarden Euro finanzielle Leistungen für ehemalige Verfolgte des NS-Regimes bereit. Hauptsächlich wurden damit frühere KZ-Häftlinge sowie verschleppte Zwangsarbeiter:innen aus Mittel- und Osteuropa bedacht. Insgesamt erhielten mehr als 1,6 Millionen Überlebende eine einmalige Zahlung, deren Höhe sich nach Herkunftsland und Haftbedingungen richtete.

Für Häftlinge von Konzentrationslagern und Ghettos galt mit 7.669 Euro der Höchstsatz (Kategorie A). Personen, die in Arbeitserziehungslagern oder anderen Haftstätten festgehalten wurden, erhielten zwischen 3.068 und 7.669 Euro. Zwangsarbeit:innen in der Industrie bekamen in der Regel 2.556 Euro (Kategorie B).

Durch eine sogenannte Öffnungsklausel konnten die Partnerorganisationen zusätzlich weitere Opfergruppen einbeziehen, darunter Kinderhäftlinge oder in der Landwirtschaft eingesetzte Personen. Diese Zahlungen bewegten sich zwischen 536 und 2.235 Euro. Auch Angehörige Verstorbener hatten Anspruch, soferndie Betroffenen nach 1999 ums Leben gekommen waren. Darüber hinaus stellte die Stiftung gesonderte Mittel für Ansprüche aus Versicherungen, Vermögensverlusten und andere Personenschäden bereit. Nicht berücksichtigt wurden jedoch Kriegsgefangene – mit Ausnahme jener, die in Konzentrationslagern inhaftiert gewesen waren.

Fremdarbeiter


Der Begriff Fremdarbeiter war eine beschönigende Bezeichnung für Menschen, die im Nationalsozialismus zur Arbeit gezwungen wurden. Mit dieser Wortwahl wurde der Zwang, der ihrem Einsatz zugrunde lag, verschleiert. Auch ausländische Arbeitskräfte, die zunächst freiwillig nach Deutschland gekommen waren, verloren bald die Möglichkeit, ihren Arbeitsplatz zu wechseln oder das Land zu verlassen – und wurden damit auch zu Zwangsarbeiter:innen.

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Intelligenzaktion


Die Intelligenzaktion war ein deutscher Akt des Völkermordes, der sich gegen die polnische Elite und insgesamt gegen die gebildete Schicht im deutsch besetzten Polen richtete. Zwischen September 1939 und Frühjahr 1940 ermordeten deutsche Nationalsozialisten etwa 60.000 Menschen, die sie der polnischen Elite zuschrieben oder denen sie eine regimefeindliche Haltung unterstellten, darunter u. a. Lehrkräfte, Ärzt:innen und Politiker:innen. Weitere 50.000 wurden in Konzentrationslager deportiert, wo nur ein kleiner Prozentsatz überlebte.

International Refugee Organization (IRO)


Die IRO war eine nicht-ständige Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die auf der Grundlage einer Resolution des Wirtschafts- und Sozialrats vom 16. Februar 1946 eingerichtet wurde, um das durch den Zweiten Weltkrieg und seine unmittelbaren Folgen entstandene Problem der Flüchtlinge und Vertriebenen zu lösen.
Nach Annahme ihrer Satzung und der Konstitution einer Vorbereitungskommission wurde die IRO am 20. August 1948 offiziell gegründet, als 15 Staaten, deren Beiträge sich auf 75 Prozent des operativen Haupthaushalts der IRO beliefen, die Verfassung unterzeichneten.
Zu den Aufgaben der IRO im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Vertriebenen gehörten Rückführung, Betreuung und Versorgung, rechtlicher und politischer Schutz, Transport und Neuansiedlung. Darüber hinaus unterhielt die IRO einen internationalen Suchdienst. Zu ihrer Höchstzeit hatte die IRO fast 5.700 Mitarbeiter:innen.
Nach mehreren Verlängerungen ihres Bestehens beendete die IRO am 31. Januar 1952 ihr Wirken und löste sich am 30. September 1953 endgültig auf.

Kriegsgefangene


Von einer feindlichen Armee gefangen genommene Soldat:innen. Laut Genfer Konvention war der Einsatz von Kriegsgefangenen in der Rüstungsindustrie verboten. Die Deutschen missachteten diese und andere Bestimmungen. Von den 5,3 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen ließ die Wehrmacht mehr als drei Millionen verhungern. Die Wehrmacht hielt rund 11 Millionen Soldat:innen gefangen, die in Hunderten von Kriegsgefangenenlagern (Oflags und Stalags) untergebracht waren. Etwa zwei Millionen Kriegsgefangene leisteten Zwangsarbeit, darunter seit 1943 auch 600.000 Italienische Militärinternierte.

Ostarbeiter


Nationalsozialistische Bezeichnung für Zwangsarbeiter:innen aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion. Im Dezember 1941 verordnete der Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Alfred Rosenberg, einen Arbeitszwang für alle Einwohner:innen im Baltikum und in der Sowjetunion. Nach anfänglicher Anwerbung von Freiwilligen für die Arbeit in Deutschland folgte die gewaltsame Verschleppung von 2,1 Millionen sowjetischen Frauen und Männern ins Reich. Sie mussten das diskriminierende „OST“-Abzeichen tragen, wurden meist in besonderen Lagern untergebracht und schlechter behandelt als Zwangsarbeiter:innen aus anderen Ländern. Nach der Befreiung wurden viele von ihnen in der Sowjetunion wegen angeblicher Kollaboration verfolgt oder diskriminiert.

Polenerlasse


Erste rechtliche Regelungen im Nationalsozialismus für den Einsatz ausländischer Arbeitskräfte. Die Polenerlasse traten am 8. März 1940 in Kraft. Sie bestanden aus mehreren Verordnungen, die die Behandlung der Zwangsarbeiter:innen aus dem besetzten Polen festlegten. Sie durften den zugewiesenen Wohnort nicht verlassen, keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, und abends galt Ausgangsverbot. In manchen Orten durften sie sogar bestimmte Straßen nicht betreten. Der Besuch von Gaststätten, Kinos, Theatern und kulturellen Veranstaltungen war ihnen verwehrt. Alle mussten das Abzeichen „P“ an der Kleidung tragen. Rigorose Bestimmungen regelten die Arbeitsverhältnisse. Alle privaten Kontakte zwischen Deutschen und Polen waren verboten. Intime Beziehungen endeten für Frauen aus Polen nicht selten mit KZ-Haft und für Männer sogar mit der Todesstrafe. Die polnischen Zwangsarbeiter:innen wurden als minderwertige, zur bloßen Arbeitskraft reduzierte Menschen behandelt. Zu ihrer täglichen Erfahrung gehörten Erniedrigung, Angst und Hunger.

Repatriierung

Organisierte Rückführung der im Laufe des Krieges verschleppten Menschen (KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter:innen und Kriegsgefangene) in ihre Herkunftsländer.

Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ)


Rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts, errichtet durch Bundesgesetz vom 2. August 2000, mit Sitz in Berlin. Ziel war zunächst, für Zwangsarbeiter:innen und andere Geschädigte der Zeit des Nationalsozialismus eine zumindest symbolische Entschädigung in Form einer einmaligen Geldzahlung bereitzustellen. Seit Ende dieser Auszahlungen finanziert die Stiftung Projekte zur Erinnerung an die Bedrohung durch totalitäre Systeme und Gewaltherrschaft sowie zur internationalen Zusammenarbeit auf humanitärem Gebiet.

UNRRA


Die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) wurde am 9. Oktober 1943 in Atlantic City (New Jersey, USA) gegründet, am 29. November 1943 von 44 Nationen bei einem Treffen im Weißen Haus bestätigt und 1945 von der UNO übernommen. Ihre zentrale Aufgabe war die Erfassung, Betreuung und Repatriierung der aus den Mitgliedsstaaten der UNO stammenden Personen, die verschleppt oder deportiert worden waren. Dazu zählten KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter:innen und Personen, die während des Zweiten Weltkriegs freiwillig mit den sich zurückziehenden deutschen Truppen nach Deutschland oder in andere europäische Länder gekommen und als Displaced Persons anerkannt worden waren.

Vikar


Lat. vicarius = „Stellvertreter“; der Stellvertreter eines geistlichen Amtsträgers oder Inhaber eines kirchlichen Hilfsamtes. Der Pfarrvikar ist Mitarbeiter des Pfarrers einer Pfarrgemeinde (Kaplan).

Volksschule


Frühere allgemeine Pflichtschule für alle Kinder, in der Regel acht Schuljahre umfassend. Sie wurde oft auch als Elementarschule bezeichnet und war bis zur Einführung von Hauptschulen und Gymnasien die übliche Schulform.

Westarbeiter


Bezeichnung für Menschen aus westlichen Ländern, die während des Zweiten Weltkrieges zunächst freiwillig zur Arbeit nach Deutschland kamen. Mit der Zeit wurden auch sie zu Zwangsarbeiter:innen, da sie nicht in ihre Heimatländer zurückkehren durften.

Zwangsarbeit


Arbeit unter nicht-wirtschaftlichem Zwang und unter Androhung von Strafe. Unter Zwangsarbeit im Nationalsozialismus versteht man insbesondere die Verschleppung und Ausbeutung von ca. 13 Millionen Ausländer:innen in Deutschland. Zwangsarbeit fand auch in Konzentrationslagern, Ghettos, Arbeitserziehungslagern und anderen Lagern im gesamten besetzten Europa statt. In vielen besetzten Ländern herrschte ein allgemeiner Arbeitszwang. Davon abzugrenzen sind die Arbeitspflichten für die deutsche Bevölkerung.


Literatur- und Quellenverzeichnis

Hans-Böckler-Berufskolleg (Hrsg.), 1998, Die Geschichte(n) des Halterner Polenlagers 1945–1948.

Helbing, Iris, 2012, Das UNRRA-Lager für „Displaced Persons“ in Haltern am See 1945–1948. Beiträge zur Geschichte der Stadt Haltern, Bd. 16, Haltern am See: Verein für Altertumskunde und Heimatpflege Haltern am See e. V.

Kalfhues, Franz Josef, Franz Luermann und Heinz Prohl (Hrsg.), 1995, Stunde Null und Neubeginn. Zeitzeugen berichten über das Ende des Zweiten Weltkrieges in Haltern. Beiträge zur Geschichte der Stadt Haltern, Bd. 5, Haltern am See: Verein für Altertumskunde und Heimatpflege Haltern am See e. V.

Koprowski, Jan, 1972, Zielone drzewa, Łódź: Wydawnictwo Łódzkie.

Literaturkurs der Jahrgangsstufe 13 des Städtischen Gymnasiums Haltern, bearb. von Oliver Herden, Cornelia Lange, Sandra Lieser, Erika Nadzeyka und Thomas Thielemann, 1990, „Arbeit macht frei“. Zur Erinnerung: Die Geschichte der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter in Haltern von 1914 bis 1948, Haltern.

Na Obczyźnie (Red.), 1945–1947, Zeitung unter der Redaktion des Kommandanten des polnischen Lagers in Haltern, Nr. 9, 10, 25, 100, Digitalisat: Biblioteka Narodowa, Polen.

Osses, Dietmar (Hrsg.), 2016, Zwischen Ungewissheit und Zuversicht. Kunst, Kultur und Alltag polnischer Displaced Persons in Deutschland 1945–1955. Begleitbuch zur Ausstellung, Essen: Klartext-Verlag.

Scholz, Annette, und Heinz Wöderhoff, 2025, Zeitzeugeninterviews, Juni 2025, Unveröffentlicht.

United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA), 1946/1947, Akte Team 7, Kopie im Stadtarchiv Haltern.

United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA), 1946/1947, Akte Team 12, Kopie im Stadtarchiv Haltern.

Arolsen Archives, https://arolsen-archives.org/

Bosch, http://www.zwangsarbeit-bosch.de/glossar/

Bundeszentrale für politische Bildung, https://www.bpb.de/

Demokratiezentrum, https://www.demokratiezentrum.org/ressourcen/lexikon/international-refugee-organization-iro/

Historisches Lexikon Bayerns, https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/United_Nations_Relief_and_Rehabilitation_Administration_(UNRRA)

Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ), https://www.stiftung-evz.de/wer-wir-sind/geschichte/aufarbeitung-ns-zwangsarbeit/

Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Volksschule#:~:text=Geschichte,-Volksschule%201970&text=Der%20Begriff%20Volksschule%20trat%20Mitte,Gut%20oder%20Sehr%20gut%20erforderlich

Zwangsarbeit, https://www.zwangsarbeit-archiv.de/zwangsarbeit/entschaedigung/entschaedigung-2/index.html

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